Der Grazer MDK [MochDaKopf] veröffentlicht mit seiner aktuellen Single WLGDNS eine nachdenkliche Nummer, die zwischen Schwermut und Frust Energie zum Ausrasten liefert. Die begleitende Frage, die hier als Hauptmotiv dem Stück zugrunde liegt: Wie lange geht das noch so? Was anfänglich vielleicht banal klingt, schwingt aber zwischen der persönlichen Ebene und der gesellschaftlich-strukturellen. Es entsteht ein perfekt gerapptes Spannungsfeld, welches auf den absolut genialen und passenden Beat von Vicious Creep Gänsehaut erzeugt und lange im Kopf nachhallt.
Der Name ist Programm
Die drei Buchstaben, unter denen man den Grazer Rapper kennt, stehen für : MochDaKopf. Bei genauerer Betrachtung scheint MDK genau das bei seinen Tracks zu tun. Ob bei Live-Auftritten oder Releases, bei ihm kann man die investierte Leidenschaft deutlich spüren.
Wer ihn beobachtet, wird schnell merken, dass er vor allem für eins steht: Ausgereiften Mundart-Rap mit einem Hammer Subtext. Die Zusammenarbeit mit dem Label Honigdachs war da wohl nur logisch. Denn das Label verkörpert mit seinen Künstlern eben auch genau das. Eine Symbiose, die seit der Fensterlos EP – veröffentlicht am 16.1.2020 über Honigdachs, besteht.
Wer MDK davor nicht kannte, hatte die Möglichkeit, ihn spätestens bei den Shows zu Kreiml & Samurai – „Zruck in die Zuakunft“ Tour (für die Termine, die ausfallen mussten, gibt es bereits Ersatztermine) auf der Bühne als Support zu sehen. Eine absolute live Maschine, die weder sich noch Publikum schont, stimmgewaltig und exzessiv mit einer pointierten Delivery. Unter anderem spielt er kommende Woche am 25.9 Openair in der Arena mit Monobrother und FRANZ FUEXE, doch ich muss die Interessierten leider auch gleich wieder enttäuschen, die Veranstaltung ist mittlerweile bereits ausverkauft. Für alle, die bereits Karten haben, sieht es derzeit gut aus, dass die Veranstaltung ohne Probleme stattfinden kann.
Wie lange geht das noch so?
WLGDNS ist eine Nummer, die zwischen persönlicher Ebene, Leidensdruck und direkte Kritik an unserem System schwingt. Diese Deutlichkeit in der Kommunikation und die Leichtigkeit, mit der zwischen den Erzählebenen hin und her gewechselt wird, machen die Nummer unheimlich stark. Mehrmaliges Hören, um nichts zu verpassen, schwer empfohlen.
Weiter Stimme erheben gegen das Patriarchat
Rassistische Scheiße die sich gut tarnt
A bitterer Beigeschmack in unserem Land
Fehler werden gesehen doch selten bekannt
Die kurze Spieldauer des Tracks [ 2:08 ] verstärkt für mich dessen Wirkung zusätzlich. Ich hatte persönlich das Gefühl, dass wenn der Track länger wäre, es bereits unangenehm werden könnte. Denn wenn man ihn zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit hört, muss man ein bisschen aufpassen, dass man nicht zu sehr in Weltuntergangsstimmung kippt. Vor allem wenn es erst Montag ist und einem immer wieder die Frage durch den Kopf geistert: Wie lange geht das noch so? Hä?
Parallelen zu La hain
Der Beat stammt von Vicious Creep und lässt dem Rapper viel Raum. Das Ganze aber ohne ins Minimalistische abzudriften, da er dennoch durch Hintergrundsphären jede Menge Stimmung aufbaut. Die Bassschläge, die einen zyklisch wie ein Herzschlag treffen, erhöhen den Druck. Für das Arrangement war Grapejce verantwortlich. Und genau in diesen aufgebauten Raum kommt MDK mit einer energiegeladenen schnellen Performance und phasenweise Double-Time Parts rein.
Der Umgang von Producer/ Arrangeur sowie auch Rapper mit dem Tempo lassen das Lied erst zu einem wunderbaren Guss harmonieren. Da, wo es nötig ist, wird Gas gegeben, an anderen Stellen bekommen wir ein paar Millisekunden zum Nachdenken, wodurch die Wirkung der Worte noch mehr in die Tiefe gehen.
Das letzte Puzzlestück des Releases ist die optische Darstellung, für die Björn B. verantwortlich war. Die darin vorkommenden Animationen stammen von Def Ill . Als Einstieg liegt MDK regungslos am Boden, kommt zu sich und legt los. Getrieben hetzt er durch das urbane Motiv eines Stiegenhauses. Kein Ausweg in Sicht! Die immer deutlicher werdende Frage :“Wie lange geht das noch so?“ Hallt immer wieder im Kopf nach. Dazwischen ein wunderbarer Text, der persönlich und gesellschaftskritisch zugleich ist. Der Wechsel zwischen den Erzählebenen gelingt völlig smooth. Mich hat der Track und das Video irgendwie an den Film „La Hain“ erinnert. Vor allem wegen des Filmzitats welches sich für mich hier wiederspiegeln:
Dies ist die Geschichte einer Gesellschaft, die fällt. Während sie fällt, sagt sie, um sich zu beruhigen, immer wieder: Bis hierher lief’s noch ganz gut, bis hierher lief’s noch ganz gut, bis hierher lief’s noch ganz gut. Aber wichtig ist nicht der Fall, sondern die Landung!
Diese Frage, ob jetzt für einen persönlich oder als Gesellschaft gestellt, ist zeitgemäß wie eh und je. Eine weitere Stärke des Releases. Wer jetzt neugierig geworden ist, dem wünsche ich viel Spaß mit der Single und dem Video dazu. Weiterführende links zu Rapper und Label fügen wir wie immer unten an.