Wir haben uns mit dem Nino aus Wien getroffen, um über sein neues Album, sein zehnjähriges Jubiläum als Künstler und seine Zukunftspläne zu reden. Was uns dieser produktive und sympathische Songwriter alles erzählt hat, kannst du in diesem Interview nachlesen.
Du wirst oft als Liedermacher bezeichnet, was hältst du von dem Label und hast du es gerne?
Das sind nur Bezeichnungen. Ich sehe mich irgendwie als Musikant und ich würde eher Songwriter sagen. Ich habe mich selbst noch nie als Liedermacher bezeichnet. Es gibt schlimmeres, was man genannt werden kann, als Liedermacher. Auch mit Genres bin ich nicht so streng. Es ist gut, wenn die Leute sich etwas ausdenken. Auch Austropop ist für mich kein Unwort. Mir ist es relativ egal, wie man das nennt. Ich selbst nenne es immer schon Pop, weil viel reinpasst in den Begriff Pop, wie man zum Beispiel am Popfest merkt. Es ist auch das kürzeste Wort.
Du verwendest Dialekt und das Wienerische sehr prominent in deinen Liedern. Wie kam es dazu?
Ich singe nicht nur im Dialekt. Ich habe auch viele Lieder, die hochdeutsch sind, aber wienerisch gefärbtes Hochdeutsch verwenden. Ich hab nie wirklich Englisch geschrieben, ich habe immer auf Deutsch geschrieben, weil es mir normal vorkam, weil ich auch auf Deutsch träume. Manchmal passiert mir auch ein Dialektlied, weil er auch in mir ist, auch wenn ich nicht immer so rede wie im Lied „Du Oasch.“
Wer oder was sind deine musikalischen Einflüsse?
Schon englischsprachige Musik, wie zum Beispiel Dylan, die Beatles, Syd Barrett von Pink Floyd, so 60er-Jahre Zeug hat mich motiviert Musik zu machen. Das hat mich wahrscheinlich auch motiviert auf Deutsch zu singen, weil die Engländer singen auch auf Englisch. Auch wenn ich nicht dabei war in den 60er-Jahren, bin ich ein 60er-Jahre-Fan.
Du hast in zehn Jahren zehn Alben herausgebracht, was macht dich so produktiv?
Ich mach lieber was, als dass ich nichts mache. Ich habe auch ein nettes, kleines Indielabel, Problembär Records, was viel zulässt. Also es ist nicht streng, ich kann ruhig ein Album machen, das möglicherweise floppen könnte. Ich habe viel Freiheit und ich mach lieber ein Album zu viel, als eines zu wenig. Dann hab ich immer was zu tun und fühl mich wohler. Es ist nicht oarg, ein Album pro Jahr, auf zwölf Lieder, die einem taugen kommt man schon. Es ist kein Zwang dahinter, es hat sich so ergeben, wie eine Sammlerleidenschaft. Aber vielleicht mach ich jetzt eine Pause und warte zwei Jahre.
Du hast mehrere Kollaborationen, wie zum Beispiel „Hansi der Boxer“ mit Voodoo Jürgens, wie ist es dazu gekommen?
Ich kenn den Voodoo schon länger, wir haben im Zweiten quasi Tür an Tür gewohnt und schon 2013 haben wir gemeinsam Lieder geschrieben. Immer wieder haben wir uns getroffen und gejammt. „Hansi der Boxer“ war sein Lied und er wollte, dass ich mitsinge. Wir haben auch letztens ein Lied, eine Kriminalgeschichte, zusammen geschrieben. Das kommt nächstes Jahr auf einer EP nach, da fünf Lieder stilistisch nicht aufs Album gepasst haben.
Du bist ja ein Geschichtenerzähler in diesem Lied…
Der Voodoo ist, finde ich, noch mehr ein Geschichtenerzähler, als ich. Ich hab mehr so, was weiß ich wie man’s nennt, Lyrik oder keine Ahnung Prosa, was weiß ich, Beatpoesie. Ich mochte die Beatpoeten immer schon.
Du feierst als Künstler zehnjähriges Jubiläum, wie waren für dich die Anfänge deiner musikalischen Karriere?
Naja, es war nicht leicht und es ist noch immer nicht leicht. Es gibt Höhen und Tiefen und man kämpft um Akkorde. Es hat schon gedauert, bis ich blind ein D zu einem A umgreifen konnte. Ich hab irgendwie schon geübt. Und ich wollte immer schon Lieder schreiben, ich hab nie Covers gespielt. Am Anfang waren es nicht so gute Lieder, dann waren sie besser, dann waren sie wieder nicht so gut. Es ist ein Auf und Ab. Mittlerweile tue ich mir relativ leicht dabei ein Lied zu schreiben. Meistens. Wenn ich mir die Zeit dazu nehme und eine Gitarre hab. Es kann schon jederzeit ein Lied rauskommen.
Hat sich im Arbeitsprozess vom ersten bis zum zehnten Album für dich etwas verändert?
Beim ersten Album hatte ich keine Ahnung von gar nichts. Auch nicht vom Studio, wo ich da rein singen soll und so. Das hat sich schon verändert. Ich hab mir das Album letztens wieder angehört, und man hört schon, dass ich anders bin: jünger und ich habe eine andere Stimme. Am ersten Album hatte ich auch noch keine Band, mit der man auch viel lernt. Mit einer Band kann man aufgehen. Das Live-Spielen macht mir mittlerweile mehr Spaß als früher, weil man freier agieren kann, weil man schon ein bisschen was gelernt hat. Heißt nicht, dass es nicht schlechte Konzerte gibt, die gibt’s immer. Grundsätzlich fühle ich mich auf der Bühne wohl.
Was unterscheidet für dich dein neues Album von den vorherigen?
Das neue Album ist eine ganz abwechslungsreiche Geschichte. Es ist jedes Lied anders. Ein Lied wie „Hirschstettner Lebensart“, so ein Lied habe ich noch nie veröffentlicht, weil es so improvisiert ist. So etwas wollte ich schon lange machen. Beim letzten Lied spielt ein Ensemble mit. Mit sieben guten Musikern gemeinsam und ungewöhnlichen Instrumenten aufzunehmen ist oarg und das habe ich noch nie gemacht. Ich bin eigentlich zufrieden mit dem Album.
Bei dem Lied „Jukebox“ erwähnst du einige Künstler, kann man das als Kompliment und Inspiration sehen? Es kommt zum Beispiel Ambros vor.
Es kommt auch Ernst Molden vor, obwohl er in der realen Jukebox vom Schwedenespresso nicht existiert. Ich wollte ihn dabeihaben, weil vielleicht kommt er dann auch in die Jukebox, wenn der Schwedenespresso das Lied hört. Natürlich ist eine Erwähnung von mir Respektbekundung, ich schimpfe über niemanden.
Als jemand der sich in der österreichischen, deutschsprachigen Musikszene bewegt, und sie wie jeder, der ein Teil davon ist, beeinflusst, wie schätzt du selbst diese Musikszene ein?
Es ist viel los in der österreichischen Szene. Es ist eine bunte Szene, die sich gut entwickelt hat. Es gibt verschiedene Szenen in der Szene. Es gibt oarge, leiwande Undergroundsachen und es gibt kommerziell erfolgreiche Sachen aus Österreich, wie Wanda, was leiwand ist. Es entwickelt sich gut. Ich glaube es haben viele Leute im stillen Kämmerlein gleichzeitig begonnen am Gleichen zu arbeiten und haben sich danach getroffen. Ich bin gespannt, wie es weitergeht, jetzt kommt dann die neue Generation nach. Wien ist für Musikanten eine gute Stadt, man hat die Chance viel zu spielen und so kann man sich entwickeln. Ich spiele recht oft und experimentiere auch.
Nach zehn Jahren, was für ein Resümee würdest du ziehen?
Ich denke nicht in Jahresabschnitten. Es ist mir nur aufgefallen und jetzt steht es halt im Pressetext. Eigentlich haben die „zehn Jahre“ keine Bedeutung für mich und ich bin nicht sentimental und denke zurück. Es geht immer weiter und es gibt keine Zeit zum Resümee ziehen. Vielleicht mit 60.
Hast du für die Zukunft einen bestimmten Plan oder machst du erstmal Pause?
Ich sage seit zehn Jahren, dass ich Pause machen will, aber irgendwie geht es sich nie aus. Es ist eh besser man macht weiter. Dazwischen sind eh immer kurze Pausen. Solange es Spaß macht und solange man es kann und kein Burnout kriegt, sollte man weitermachen. Reisen dazwischen sind schon wichtig. Eine längere Reise habe ich vor, Australien oder so. Da habe ich ein paar Verwandte.
Würdest du als Künstler von dir sagen, dass du viel aus deiner Umwelt aufnimmst?
Ich will schon aufmerksam sein. Auch wenn ich spätabends in einem Lokal sitze und vielleicht schon betrunken bin, will ich dennoch aufmerksam sein und es fließt vielleicht dann schon in ein Lied ein. Ich will mit offenen Augen durch die Welt gehen.